Ein bisschen eigene Biografie – Arbeit 

Ich wollte endlich mal wieder Ski fahren. Meinen inneren Schweinehund überwinden und meiner diffusen Angst vor diesem Sport die Stirn bieten. Ganz unberechtigt war diese Angst nicht – vor einigen Jahren hatte ich mir, bei dem Versuch, besonders elegant auf den langen Brettern unter meinen Füßen auszusehen, die Schulter gebrochen.

Und dieses Jahr wollte ich diesem Sport, der sich mir bislang so vehement verschlossen hatte, erneut eine Chance geben. Ich wollte endlich teilhaben an Schnelligkeit, Sportlichkeit , schicken Klamotten und Apres Ski. Mit dem Ergebnis, dass ich mit einem Kreuzbandriss im Knie ins Krankenhaus abtransportiert wurde.

Lediglich die erste Fahrt mit dem Schlepplift hatte ich überstanden – beim „Aussteigen“ schmiss es mich auch schon hin und ich hörte meine Bänder und Menisken förmlich reißen.

Nein – ich bin nicht unsportlich im eigentlichen Sinne. Ich gehöre allerdings auch nicht zu der „ich jogge mindestens 3x in der Woche und es tut mir ja so gut“ – Fraktion. Eher bin ich eine gemütliche Couch- Sitzerin, die über eine naturgegebene ausreichende Beweglichkeit verfügt und gerne mal wandern geht – wenn es passt, das Fahrrad durchaus ab und wann dem Auto vorzieht und ansonsten leidenschaftlich gerne tanzt.

Salsa – im Moment mein wöchentlicher Bewegungsmotor. Reicht natürlich nicht, das weiß ich auch. Aber es macht enormen Spaß und mit dem richtigen Tanzpartner komme ich sogar manchmal ans Schwitzen – und das wiederum gibt mir das Gefühl, einen enormen sportlichen Moment zu erleben.
Tanzen hat mir immer Spaß gemacht und in den meisten Jahren meines Lebens habe ich dieser Leidenschaft auch Zeit eingeräumt. So gut wie es eben ging.

Mit ungefähr 6 Jahren kam ich zum Ballett – allerdings damit auch in die Hände einer rumänischen Primaballerina, die mir – neben ihren zwei kinderfeindlichen Boxerhunde, die am Eingang immer auf mich warteten – auch durch ihre schroffe und militärische Pädagogik schnell den Spaß und den Traum an eine Tanzkarriere raubte. Vorgenommen hatte ich mir damals, irgendwann einmal mit dem Fernsehballett und Peter Frankenfeld die Showtreppe herunter zu kommen. Ohne mit der Wimper zu zucken, gab ich diesen Traum auch wieder auf – bedeutete es doch, der strengen Lehrerin entfliehen zu können. Und Peter Frankenfeld segnete zu allem Überfluss auch noch das Zeitliche – in meiner Vorstellung gab es damals aber nur ihn und diese eine Showtreppe. Also hängte ich meine Träume einschließlich der Spitzenschuhe an den Nagel.

Als Jugendliche war ich dann ordnungsgemäß in der Tanzschule angemeldet und habe alle Abzeichen mit Bravour ertanzt. Jede Woche habe ich mit meinem damaligen Tanzpartner Burkhard geübt und das auch neben den eigentlichen Tanzstunden und immer in Verbindung mit Tee, Gebäck und Räucherstäbchen.

Ziehe ich an dieser Stelle mit Hilfe der Biografie – Arbeit Parallelen, so wundert es nicht, dass ich diese Leidenschaft nun wieder aufgreife und ihr erneut mehr Platz biete. Zwar habe ich über 20 Jahre lang den Stepptanz einigermaßen erfolgreich erlernt, aber eingebunden in das Familienleben mit Mann, Kindern und gesellschaftlichen Verpflichtungen, tat ich es eher halbherzig. Die regelmäßigen Tanzstunden fielen ebenso regelmäßig anderweitigen Verpflichtungen zum Opfer. Und das ohne großem Murren.

Das ist jetzt anders. Ich möchte keine Salsa-Stunde versäumen und wegen mir könnten auch noch mehr unter der Woche angeboten werden. Eben so, wie es in meiner Jugendzeit war – gerade auf die Räucherstäbchen könnte ich verzichten.
Und jetzt passen auch die Umstände wieder, die ich mich schon mit 16 Jahren so leidenschaftlich gerne haben tanzen lassen: ich habe Zeit und bin dennoch in einem (meistens) überschaubaren Alltag eingebunden. Die Kinder sind schon fast aus dem Haus und somit recht selbstständig und die gesellschaftlichen Verpflichtungen habe ich – einschließlich meines Ehemannes- hinter mir gelassen.
Bekanntschaften zu schließen und sie zu pflegen fällt mir genau so leicht wie in meiner Jugend und auch der Spaß, etwas Neues zu erlernen, hat mich wieder gepackt.

Jeder, der mit Biografie – Arbeit zu tun hat, würde an dieser Stelle klatschen und mich dafür beglückwünschen, dass ich erkannt habe, welches Potential in mir steckt. Dass ich – in diesem Fall dem Tanz- wieder „Wohlfühl“ – und „Zeit“ – Raum gebe.

Mir ist bewusst, dass mein jetziges Leben ansonsten nichts mit meiner Jugend zutun hat. Ich bin keine 16 Jahre mehr, sondern habe fast 34 Jahre mehr auf dem Buckel. Die Jahre dazwischen haben mich allerhand gelehrt – ob ich wollte oder nicht. Ich habe viele schöne Dinge erlebt aber auch in tiefe Abgründe blicken müssen. Meine Kinder werden flügge und verlassen ihr Nest. Ein Nest, das ich Ihnen gebaut habe und in dem auch mich aufgehoben fühle. Das „Kümmer-Gen“, das in mir steckt und das ich mit vielen Müttern teile, darf nun mehr und mehr in den vermeintlichen Ruhestand gehen. Natürlich ist mir klar, dass auch erwachsene Kinder meine Fürsorge brauchen – diese aber nicht mehr so unmittelbar hier zu Hause. Ein Ergebnis meiner Erziehung ist hoffentlich, dass sie auch in der weiten großen Welt verantwortungsvoll ihr Leben meistern können.

So habe ich nun plötzlich mehr Zeit und Raum über mich und meine Bedürfnisse nachzudenken. Und auch darüber, ob und was ich in meinem Leben noch erreichen möchte.

Auch an dieser Stelle hat mich die Biografie – Arbeit gelehrt, dass der Blick zurück sich unbedingt lohnt. Wie bin ich früher mit meinen Träumen oder Vorhaben umgegangen? Was hat man mir an Durchhaltetaktiken mit auf den Weg gegeben? Hat man mir bedingungslos den Rücken gestärkt oder ist man sorgenvoll nicht von meiner Seite gewichen? Was wäre aus mir geworden, wenn ich der rumänischen Primaballerina die Stirn geboten hätte (und Peter Frankenfeld noch einige Jahre durchgehalten hätte?)?

Was habe ich von alledem mit in mein jetziges Leben genommen? Was oder wer stärkt mich – oder raubt mir Energie?

Vielleicht kommt Ihnen meine Geschichte so oder ähnlich bekannt vor?
Vielleicht ziehen Sie gedanklich gerade ähnliche Paralellen von Ihrem jetzigen Leben zu Ihrem früheren?
Vielleicht möchten Sie mehr über das „Warum“ Ihrer Persönlichkeit erfahren?

Kommen Sie mit mir mit auf eine spannende und aufschlussreiche Reise durch Ihr Leben!

Herzlichst Ihre
Cornelia Marsch